Als ersten Stromabnehmer aus diesem Eigenwerk nennt Grissemann den „Sonnenwirt“ Schweighofer. Das Interesse der Imster an diesem „kalten Licht“ wuchs in den folgenden Jahren so rasch an, dass die Leistung dieser Stromerzeugungsanlage der Lichtstromanforderungen nicht mehr gewachsen war – das Problem der Stromversorgung wurde nunmehr ein öffentliches.
Im Jahre 1898, dem Jahr der Stadterhebung, ging man daran, die in der Selbstverwaltung der Fraktion Oberstadt stehenden Wasserrechte nicht nur für die Oberstädter Trinkwasserversorgung, sondern auch zur Stromerzeugung auszuwerfen. Damit waren die Voraussetzungen für den Bau eines fraktionseigenen Elektrizitätswerkes in Imst geschaffen und schon im Jahre 1899 wurde neben der Errichtung von Wasserbehältern unterhalb der Teilwiesen, die 1.730 m lange Druckrohleitung mit 250 mm Ø zum Standort des heutigen Imster-Werkes verlegt. Ihr folgten im Jahre 1900 die Erbauung des Maschinenhauses, die Montage des Maschinensatzes für die Gleichstromspannung von 440/220 Volt, angetrieben durch eine Voith-Turbine von 90 PS sowie der Schalt-und Leitungsanlagen. Die Eröffnung bzw. Betriebsaufnahme des ersten Fraktionswerkes erfolgte um die Mitte des Jahres 1901.
Da die Menge des Betriebwassers, welches dem Klöckler und den Teilwiesen entnommen wurde, für einen durchgehenden Betrieb vollkommen unzureichend war, erfolgte die Lichtstromabgabe erst mit Eintritt der Dunkelheit, wie überhaupt der Stromerzeugungsbetrieb nur des Nachts mit dem tagsüber aufgespeicherten Kraftwasser aufrecht erhalten werden konnte. Auf Drängen verschiedener Lichtstromabnähmer, den Anschluss einiger elektrischen Bügeleisen zu gestatten, wurde im Jahre 1921 der Mittwoch Nachmittag zum „Bügel-Nachmittag“ erklärt und das Werk für diesen einen Nachmittag in der Woche in Betrieb gesetzt. Ein ganztägiger Betrieb war überdies nur für die Tage Gründonnerstag bis Karsamstag vorgesehen, um die Heiliggrab-Beleuchtung in der Kapuzinerkirche mit elektrischen Glühlampen zu ermöglichen.
Im Zuge des im Jahre 1926 erfolgten Zusammenschlusses der beiden Fraktionen Oberstadt und Unterstadt in eine Stadtverwaltung, wurde auf Verlangen des Oberstädter Fraktionsausschusses die damals schon veraltete Gleichstromanlage durch eine moderne Drehstromanlage ersetzt und zur Sicherung der Stromanforderungen ein Stromzukaufsvertrag mit dem zu dieser Zeit erbauten Stuibenbachwerk der Gemeinde Ötz abgeschlossen.
Mit der Vollendung einer den neuzeitlichen Verhältnissen angepassten Versorgungsanlage und der durch den Abschluss eines Zusatzstromvertrages mit Ötz gesicherten Stromversorgung, ergab sich die Notwendigkeit einer eigenen kaufmännischen Verwaltung des Werkes. Verwaltungskanzlei, Verkaufsgeschäft und Lager im Ecklokal des Gasthofes Sonne untergebracht, wurden dort die Grundlagen für das selbstständig geführte wirtschaftliche Unternehmen der Stadt geschaffen.
Maschinenhaus Malchbachgasse
Am 12. August 1933 wurde das Elektrizitätswerk um die Mittagszeit von dem um diese Zeit Hochwasserführenden Malchbach an seinen allzu schwachen Grundfesten unterspült und zum Einsturz gebracht. Die einstürzenden Gebäudemassen begruben die Maschinen und zerstörten den größten Teil der elektrischen Einrichtungen. Während des Ausfalles des Werkes wurde mit dem Stuibenwerk ein Notstromlieferungsvertrag abgeschlossen. Bereits im Oktober desselben Jahres wurde an den Wiederaufbau des Werkgebäudes geschritten und vor Wintereintritt der vergrößerte Rohbau, in welchen auch Raum für die Verwaltung und ein Verkaufslokal und Lager vorgesehen wurde, unter Dach gebracht. Im Juni 1934 war man wieder soweit, den Stromerzeugungsbetrieb aufzunehmen und im Spätsommer die neuen Verwaltungs- und Geschäftsräume zu beziehen.
In einer Zeit, in welcher der Strombedarf der Stadt ständig zunahm und die Winterleistung des Werkers nur mehr 25 % der Anforderungen betrug, wurde die Stadtverwaltung vom Verkauf des Fernsteinwerkes aus dem früheren Besitz der Gewerkschaft Dirstentritt in Kenntnis gesetzt. Kurz entschlossen fuhr nach einer vorherigen Besichtigung des Werkes der engere Stadtrat am 1. Juni 1937 nach Wien und erwarb von der Realitäten-Aktiengesellschaft das Fernsteinwerk mit einer ausgebauten Leistung von 159 PS um 27.000 Schilling.
Durch die fortschreitende Industrialisierung und steigende Verwendung der Elektrizität im Privatleben stieg der Bedarf im Bereih des Versorgungsgebietes derart an, dass dieser im Jahre 1957 nur mehr mit 38 % Eigenerzeugung gedeckt werden konnte. Um ein wirtschaftliches Gleichgewicht zwischen Eigenerzeugung und Fremdstrombezug wieder herzustellen, entschloss sich die Stadt im Jahre 1957 die Wasserkraft am Biger auszunützen und erbaute das so genannte Gaulwerk in zwei Ausbaustufen, deren eine im Juni 1958 mit einer Leistung von 860 PS den Betrieb aufnehmen konnte. Der Vollausbau des Gaulwerkes mit einer Leistung von 1220 PS erfolgte im Jahre 1963, demzufolge der Strombedarf wieder mit 78% Eigenleistung gedeckt werden konnte. Da die alten im Haus Malbachgasse 1 untergebrachten Büroräume und das Verkaufsgeschäft ihren Anforderungen nicht mehr gewachsen waren, wurde zum Bau eines neuen Verwaltungsgebäudes mit Verkaufsgeschäft geschritten, welches im Jahre 1971 bezogen bzw. eröffnet wurde.
Gaulwerk mit Unterwasserkanal
In Erfüllung der Aufgabenstellung als Stromversorgungs-Unternehmen werden auch künftig alle jene Maßnahmen getroffen und durchgeführt werden, um die sichere und ausreichende Versorgung der Stromabnehmer zu gewährleisten. Die Stadtwerke Imst sind in der Reihe der Gemeinde- und privaten Werke unseres Landes und im langjährigen Verbundbetrieb mit dem Landesversorgungsunternehmen ein wertvolles Glied in der Elektrizitätswirtschaft unserer Heimat geblieben.
Möge das große Verständnis, das die Vertreter der Stadt im Gemeinde- und Verwaltungsrat, aber auch in der Stadtverwaltung für den Bestand der Werke und das Wohl ihrer Angestellten und Arbeiter immer bewiesen haben, auch in der Zukunft erhalten bleiben.
Fertiger Maschinensatz Gaulwerk